Sozialwissenschaftliche und historische Untersuchungen der Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hengsbach

Projektbeschreibung

Thema

Im September 2023 gab das Bistum Essen bekannt, dass Meldungen vorliegen, denen zufolge der frühere Kardinal Hengsbach (1910-1991) der Verübung sexualisierter Gewalt beschuldigt wird. In der Zwischenzeit sind weitere Meldungen dazu eingegangen (Stand Herbst 2024). Diese beziehen sich zum einen auf seine Amtszeit im Bistum Essen, zum anderen auf seine Zeit im Erzbistum Paderborn. Ins Blickfeld rücken ebenso die Bischöfliche Aktion Adveniat (Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, dessen erster Vorsitzender Kardinal Hengsbach von dessen Gründung 1961 an bis 1988 war), seine Tätigkeit als Militärbischof sowie seine Rolle im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).

Die genannten Institutionen haben eine wissenschaftliche Studie zur Aufarbeitung der Vorwürfe in Auftrag gegeben. Diese wird vom Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) in Kooperation mit Dissens – Institut für Bildung und Forschung Berlin und der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Prof. Dr. Thomas Großbölting, Dr. David Rüschenschmidt) durchgeführt.

Was wird untersucht

Die Untersuchungen beziehen sich auf drei aufeinander bezogene Ebenen:

  1. Aufarbeitung der aktuellen Meldungen zu Kardinal Hengsbach und des Umgangs der Bistumsverantwortlichen mit den entsprechenden Missbrauchsvorwürfen. Hierzu werden zum einen alle aktuellen und zurückliegenden Meldungen und weitere Dokumente (u.a. Korrespondenz der Bistumsverantwortlichen, Dienstanweisungen, Sitzungsprotokolle) zu Franz Hengsbach analysiert. Zum anderen sollen Interviews mit Betroffenen sexualisierter Gewalt sowie mit aktuellen und ehemaligen Bistumsverantwortlichen, Ansprechpersonen, Personen, die aktuell und früher mit Personalangelegenheiten und Vorfällen von sexualisierter Gewalt durch Kleriker befasst waren, geführt werden. Hier geht es auch um die Frage, ob und inwieweit Kardinal Hengsbach in seiner Amtszeit beschuldigte Kleriker geschützt hat.
  2. Aufarbeitung der Tätigkeiten Kardinal Hengsbachs bei Adveniat, in der Militärseelsorge und im ZdK. Ziel dieser Untersuchungsebene ist die Identifikation von Hinweisen auf Machtmissbrauch, täterschützendes Verhalten oder eigene Täterschaft Kardinal Hengsbachs im Rahmen dieser Institutionen. Als Datenquellen fungieren hier einerseits Dokumente (u.a. Korrespondenzen, Dienstanweisungen, Sitzungsprotokolle, Personalakten) aus der Ära Hengsbach, andererseits Interviews mit Betroffenen sexualisierter Gewalt sowie mit aktuellen und ehemaligen Verantwortlichen, Expert*­innen und weiteren Zeitzeug*­innen.
  3. Auswirkungen der Vorwürfe gegen den legendären Gründer des Ruhrbistums auf das Bistum Essen anhand von exemplarischen Analysen der Dynamiken im Generalvikariat sowie in ausgewählten Kirchengemeinden im Bistum Essen. Zu diesem Zwecke sind Interviews mit Zeitzeug*­innen, Betroffenen sexualisierter Gewalt und ihren An- und Zugehörigen sowie mit aktiven und passiven Gemeindemitgliedern aus drei ausgewählten Gemeinden geplant.

Eckdaten

Team

Helga Dill (Projektleitung), Dr. Florian Straus, Dr. Daniel Doll, Dr. Peter Caspari, Gerhard Hackenschmied, Malte Täuberich (Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V./Berlin)

Laufzeit

Oktober 2024 – September 2027

Zuwendungsgeber

Bistum Essen, Erzbistum Paderborn, Bischöfliche Aktion Adveniat, Katholische Militärseelsorge, Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)

Weitere Forschungsprojekte im Arbeitsschwerpunkt
Forschung zu Kindesmisshandlung und sexualisierter Gewalt